Das adrenogenitale Syndrom (AGS)

Das adrenogenitale Syndrom (AGS) ist eine genetisch bedingte Störung, welche mit einer regional unterschiedlichen Häufigkeit auftritt (in der Schweiz etwa 1:5'000). Durch verschiedene Enzymdefekte kommt es zu einer gestörten Produktion von Steroidhormonen in den Nebennierenrinden. Dabei entsteht zum einen zu wenig Cortisol, zum anderen quasi als Überlaufprodukte zu viele Vorstufenhormone, die in der Regel eine androgene Wirkung (wie männliche Geschlechtshormone) haben und ihrerseits wieder zu unerwünschten Wirkungen führen.

Bei der häufigsten Form des AGS, dem Mangel am Enzym 21- Hydroxylase, kommt es zu einem lebensgefährlichen Mangel an Cortisol. Gleichzeitig entstehen anstelle des Cortisols Hormone vom männlichen Typ, welche beim weiblichen Fötus während der Schwangerschaft zu einer Vermännlichung des Genitales führen. Falls die Krankheit nicht richtig behandelt wird, bleiben die überschüssigen Hormone vom männlichen Typ bestehen und führen beim Mädchen weiterhin zur Vermännlichung und bei beiden Geschlechtern zu einer Beschleunigung der biologischen Reifung und auch zu einem deutlich zu frühen Eintritt der Pubertätsentwicklung.

Darstellung der Nebennierenrindenfunktion

Die drei Hauptprodukte der Nebennieren sind Cortisol, Aldosteron und Androgene (Hormone vom männlichen Typ). Beim Adrenogenitalen Syndrom ist die Cortisol-Herstellung gestört. Dies führt zu einer übermässigen Stimulation der Nebennieren durch das Adreno Corticotrope Hormon (ACTH). Durch die Überstimulation der Nebennieren werden vermehrt Androgene ausgeschüttet. Je nach Form des Adrenogenitalen Syndromes kann auch die Aldosteronherstellung gestört sein.

Weil in einzelnen Fällen auch die Salzregulation gestört ist (zu wenig Aldosteron), kommen solche Kinder in der zweiten Lebenswoche wegen des damit verbundenen Salzverlustes in Lebensgefahr. Der Salzverlust ist von einem Flüssigkeitsverlust begleitet, welcher die Kinder in sehr kurzer Zeit massiv austrocknen kann. Dies kann zu schwerer Dehydratation und Herzstillstand führen.

Aus diesem Grunde werden seit einigen Jahren alle Kinder im Rahmen des Neugeborenenscreenings (sog. Guthrie-Test) auf diese Störung untersucht und gegebenenfalls frühzeitig medikamentös behandelt.
Die Behandlung besteht zur Hauptsache im Ersetzen des fehlenden Cortisols (Substitution). Mit der Medikation wird angestrebt, dass der Blutspiegel an Cortisol eines Kindes mit AGS möglichst demjenigen eines gesunden Kindes entspricht.
Dies führt dann gleichzeitig auch dazu, dass sich die Spiegel der männlichen Geschlechtshormone wieder normalisieren. Eine ungenügende Cortisol-Ersatzdosis führt durch zu hohe Androgenspiegel zu einer beschleunigten Knochenreifung und vorübergehend zu beschleunigtem Wachstum. Vorübergehend deshalb, weil die Pubertätsentwicklung und damit dann auch der Wachstumsabschluss in dieser Situation zu früh eintreten und die Kinder schliesslich viel kleiner werden, als von den Elterngrössen zu erwarten gewesen wäre.

Zur Überwachung der Therapie werden in regelmässigen Abständen Blutentnahmen gemacht, in denen vor allem die verschiedenen Vorstufenhormone bestimmt werden. Zur Kontrolle der Knochenreifung (biologisches Alter) werden zusätzlich regelmässig Handröntgenbilder angefertigt.